Als er verletzt war, fast gestorben, hat es mir bewusst gemacht, wie viel ich überhaupt für ihn empfand. Und zu was ich allem bereit bin zu tun, um ihn zu beschützen und vor dem Tod zu bewahren. Ich hätte dunkle Pakte geschlossen, wäre durch Blut gegangen. Diese Tatsachen machten mir unsagbar Angst. Dennoch wollte ich bei ihm sein.
Dann ließ er mich zurück, als die Hoffnung aufgeflammt war, das nun wenigstens zwischen uns alles gut werden könnte. Dass er einfach gegangen war, hatte mein Herz endgültig in Stücke gerissen. Die letzten Monate schwebte ich zwischen verzweifelter Liebe und Wut. Ich liebe ihn. Werde ich immer tun. Niemandem sonst hätte ich je ein "Ja" gegeben. Und seine Vorwürfe, er hätte mich dazu gezwungen und ich wisse nun wohl, dass er meiner nicht würdig ist....solcher ausgemachter Blödsinn. Niemand zwingt mich jemals wieder zu irgendetwas. Alles was ich tue, geschieht aus meinem Willen heraus. Wer unwürdig ist, bin eher ich. Niemals war ich passend für ihn. Keine Lady. Keine Dame, die dem Haus vorseht. Keine Ehefrau... die ihm Kinder schenkt. Ich war nie richtig für ihn. Ich bin es, die unwürdig ist. Nur hat er das nicht begriffen.
Selbst jetzt verdiene ich es nicht, dass ich vor den Toren stehe, die mein Heim darstellen. Ich verdiene nicht, dass eine Schild einlädt, herein zu kommen. Ich gehöre hier nicht hin. Ich bin keine feine Herrin eines Anwesens. Der Schmutz klebt an meiner Jagdkleidung, meine Haare sind zerzaust, sicher stecken Blätter irgendwie darin. Dazu meine Hände, mit Dreck bis unter die Fingernägel. Blut an der Wange. Nein, was er in mir sieht, habe ich nie gesehen. Vielleicht sollte ich einfach wieder gehen... Ihn den Schmerz über meinen Verlust einfach erleiden lassen, damit er irgendwann die Richtige findet.
Wieso bin ich her gekommen?
Ich höre das helle Lachen von Beth und es krampft mir das Herz. Dass sie noch auf ist oder schon, sollte mich wundern. Aber das bin typisch ich: es stört mich nicht, weil ich genauso war. Allein die Tatsache, dass sie überhaupt hier ist, schmerzt mich, denn ich hatte vergessen, dass sie zu Besuch sind und wir uns um ihre Ausbildung kümmern sollten. Aber auch dafür bin ich gänzlich ungeeignet. Wie soll ich ihr Benehmen und das alles beibringen, wenn ich selbst keine Lady bin?
Thunder, mein schwarzer Hengst steht einige Schritt von mir und grast gemütlich. Als ein Wiehern aus dem Innern der Stallungen kommt, hebt er den Kopf und erwidert dieses freudig, als würde er einen alten Freund begrüßen. "Schscht, nicht", tadele ich ihn und bin in kurzen Schritten bei ihm. Herrisch greife ich seine Zügel, doch er antwortet wieder auf das Rufen und ich weiß, mir bleibt keine Zeit mehr. Ich muss so schnell es geht weg, ehe Bash es mitbekommt.
@Sebastian Hastings