Die Nacht in der Zelle war nicht so unangenehm wie der Morgen. Denn zum Glück ließen sie mich in Ruhe. Doch es gab ihnen einen Kick mir ein Kleid hinzuwerfen zu sagen, ich müsse mich umziehen. So sollte nicht mal eine Diebin vor dem Herrn erscheinen. Als ich mich weigerte, schlugen sie mir ins Gesicht, aber nicht zu hart, denn sie wollten schließlich keinen Ärger mit ihrem Hauptmann bekommen oder was diese Wache die Nacht war.
"Wenn du dich weigerst, übernehmen wir das mit dem ausziehen für dich", grinste einer der beiden mich anzüglich an.
Mir war bewusst, dass sie es tun würden und das dies viel unangenehmer sein würde, als mich nun aus dem Anzug zu schälen. Ihre Blicke glühen auf meiner Haut, als würden sie mich berühren. Doch erhobenen Hauptes streifte ich das dunkelrote Leder ab, aber ich stand so, dass sie nur meine Rückansicht betrachten konnten.
Damit bekamen sie mich nicht klein. Niemals.
Das Kleid war zwar weniger unangenehm als gedacht und es schützt mich wieder vor den Blicken, doch es würde nichts ändern. Ich war eine Diebin und wurde nun vor den Luftwächter des Turms gebracht.
Was wusste ich von ihm, geht es mir durch den Kopf, als sie mir die Fesseln um die Handgelenke legen. Wie alle Wächter ist er streng und unerbittlich.
"Komm Puppe", zerrt er mich an den Fesseln vorwärts. "Ich hoffe ja, er lässt dich deinen Diebstahl abarbeiten. Denn mir fiele da schon eine passende Arbeit ein, vor meinen Knien."
"Das solltest du dir deine Hoffnung überdenken", sehe ich ihn verachtend an. "Ich werde ihn dir abbeißen."
Seine Augen funkeln mich an und er knurrt.
"Deine großes Mundwerk wird dir noch vergehen. Wenn der Herr mit dir fertig ist."
Stur sehe ich in die andere Richtung und folge, denn was soll ich anderes tun. Ich bin diesem "Herr" wirklich ausgeliefert. Aber ich knicke nicht ein. Nein, niemals. Sie horten hier alles, während wir keine Vorräte mehr bekommen. Hier leben sie, als würde niemals ein Angriff sein, was vermutlich der Fall ist. Und wenn, spüren sie es kaum, da genügend da sind, um das Anwesen zu schützen, ob nun mit Magie oder Manneskraft. Wir sind dem allem ausgesetzt, seit die Barriere immer wieder instabil wird.
Mit jeder Faser in mir, kralle ich mich an diese Wut, lasse sie in meinem Magen brodeln, halte sie gefangen.
Sie bringen mich in einen langgezogenen Saal, in dem schon Menschen stehen und sitzen und wohl auf einen Spruch warten - Bittsteller. Oder sind es Zeugen, werde ich vorgeführt?
"Üb schon mal", lacht einer der Wachen, als er mich auf die Knie zwinkt; mein Blick ist vernichtend, aber er ist am längeren Hebel.
Die Türen gehen auf, ein Getuschel entsteht, wobei Worte an mein Ohr dringen, die öfter die Bezeichnung "Nachfahre" und "Nachfolger" beinhalten. Genauso wie "hart genug".
Als er in mein Blickfeld tritt, will ich nicht aufsehen, sehe nur seine Schuhe, die sauberer sind als ich hier je welche gesehen haben.
Na wenigstens achtet er auf irgendwas, wenn es auch nicht auf seine Untergebenen ist, schnaube ich innerlich.
Ich will ihn nicht mal ansehen, denn sonst würde ich mich nicht mehr beherrschen können. Deswegen weiche ich seinem Blick aus, seinem ganzen Anblick. Nicht einmal sehe ich ihn mir an, sondern drehe meinem Kopf zur Seite.
Doch als er mich als Diebin bezeichnet, ruckt mein Kopf zu ihm herum und meine Augen funkeln voller Zorn.
"Diebin?", zische ich. "Ihr seid es doch, die stehlen!"
Ich kämpfe mich auf die Füße, weil meine Wut nicht mehr zu bremsen ist. Mit den Ketten sieht es etwas ungelenk aus, aber es ist mir egal. Auch das meine Schulter pocht wie verrückt. Ich kenne dieses Pochen, ich weiß was das heißt: es ist dabei sich zu entzünden. Das kalte harte "Nachlager", dass man mir bereitet hatte - der dreckige und feuchte Fußboden der Zelle - war gänzlich ungeeignet für eine Heilung gewesen.
Der Nachfahre sieht mich durch eine Brille hindurch an und in einer anderen Situation hätte ich ihn vermutlich für gutaussehend empfunden. Doch hier und jetzt ließ ich es nicht an mich heran, dass seine dunklen Haare im ins Gesicht fielen und solch blaue Augen hinter den Gläsern verborgen waren, dass es mir im Normalfall einen Schauer über den Rücken gejagt hätte.
Aber jetzt im Moment war ich nur wütend.
"Ihr nennt mich eine Diebin? Ihr stehlt uns doch alles was wir brauchen, indem ihr es für Euch behaltet. Wir leiden Tag für Tag und ihr nennt mich eine Diebin, nur weil ich uns nehme, was wir brauchen um zu Überleben!"
Beruhige dich. So wirst du das nur noch schlimmer machen, sagt mir meine innere Stimme. Sieh ihn dir an. Sein reines Leuchten, du hast diese Gabe und erkennst Güte, wenn sie vor dir steht.
Aber ich will nicht, wende vor meiner inneren Stimme den Blick ab, sowie auch von ihm.
Erst als er redet, sehe ich ihn wieder an. Höre wie alles im Saal tuschelt. Sie sind empört über meine Worte. Einige mögen mich vielleicht kennen, ich weiß es nicht.
Sollen sie mich doch wegsperren hier. Oder auspeitschen für den Frevel. Alles werde ich ertragen, aber ich werde nicht bereuen. Niemals.
Erst einmal wird sowieso nichts geschehen. Ich komme zurück ins Verlies und dort lassen sie mich schmoren, bis zum nächsten Tag, damit ich ja genug Zeit habe, um Angst zu haben. Aber ich habe keine Angst. Nicht mehr, seid ich meine Familie verloren habe.
@Julius